Der Revoluzzer

Der deutschen Sozialdemokratie gewidmet

War einmal ein Revoluzzer,
im Zivilstand Lampenputzer;
ging im Revoluzzerschritt
mit den Revoluzzern mit.
Und er schrie: »Ich revolüzze!«
Und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr,
kam sich höchst gefährlich vor.
Doch die Revoluzzer schritten
mitten in der Straßen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt
alle Gaslaternen putzt.
Sie vom Boden zu entfernen,
rupfte man die Gaslaternen
aus dem Straßenpflaster aus,
zwecks des Barrikadenbaus.
Aber unser Revoluzzer schrie:
»Ich bin der Lampenputzer
dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!
Wenn wir ihn‘ das Licht ausdrehen,
kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Laßt die Lampen stehn, ich bitt!
— Denn sonst spiel ich nicht mehr mit!«
Doch die Revoluzzer lachten,
und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich
fort und weinte bitterlich.
Dann ist er zu Haus geblieben
und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt
und dabei doch Lampen putzt.

- Erich Mühsam, aus: Der Krater, 1907

Status

Online seit 5840 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 4. Nov, 23:36

Suche

 

Web Counter-Modul

Aktuelle Beiträge

kostenloser Counter


Fundgrube
Reiseberichte
Sottisen
Übersetzungen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development